Das perfekte Handelssystem ist der Traum aller Investoren und Trader. Doch das funktioniert nicht. Vor allem deshalb nicht, weil zu viele Einflussfaktoren gibt, die wir nicht kennen und nicht einschätzen können. Ein Handelssystem muss dauerhaft unvollständig bleiben. Warum das so ist, erläutere ich in diesem Artikel.
„Ein vollständiges Handelssystem oder eine vollständige Handelsstrategie zu schaffen, bedeutet zwangsläufig, dass es unvollständig ist.“
Finlog
Die meisten Menschen, die an der Börse aktiv sind und Vermögensaufbau oder Trading betreiben, sind auf der Suche nach einem möglichst perfekten, vollständigen Handelssystem. Der Gedanke dahinter ist klar: Es soll darum gehen, möglichst nach den immer gleichen Kriterien und den immer gleichen Umständen eine Investition in eine Aktie oder einen Trade durchzuführen. Diese Suche nach dem perfekten Ansatz ist jedoch zum Scheitern verurteilt. Sie funktioniert, wenn überhaupt, nur kurzfristig. Warum ist das so?
Warum ein Handelssystem niemals perfekt sein kann!
Das Marktumfeld und die vielen Einflussfaktoren, die es bestimmen, können sich jederzeit ändern. Diese Veränderungen passieren meistens abrupt und sehr schnell. Mit einem starren Handelsansatz nimmt man diese Veränderungen immer erst verspätet wahr und kann demzufolge auch nur verspätet reagieren.
Je mehr Faktoren in ein Handelssystem oder in eine Investment-Strategie integriert werden, die vom Investor oder Trader selbst nicht bestimmt und kontrolliert werden können, desto anfälliger wird dieses System.
Konzentriere dich bei deinem Handelssystem auf die beeinflussbaren Kriterien!
Deshalb macht es meiner Meinung nach mehr Sinn, an seiner emotionalen „Grundausstattung“, seinem Risikomanagement und dem Money Management zu arbeiten. Das sind die Faktoren, die jeder selbst kontrollieren kann. Die Wahl der richtigen Positionsgröße gehört auch in diese Aufzählung. Alle anderen Faktoren, zu denen vor allem technische Analyse und Fundamentalanalyse gehören, sind nicht vorhersehbar und deshalb auch nicht bestimmbar, um in einem Handelssystem als Schwerpunktkriterien eingesetzt zu werden.
Jede zusätzliche Information vergrößert die Fehlerquote!
Noch ein Gedanke, warum ein Handelssystem immer unvollständig bleiben muss: Mit jeder weiteren Informationen, die ich als Investor oder Trader in mein System integriere, wird auch die Chance erhöht, dass diese Information fehlerhaft ist.
Wir gehen meistens viel zu sehr davon aus, dass Informationen aus den klassischen Medien, den sozialen Medien oder aus den Geschäftsberichten und Bilanzen der Unternehmen keine Fehler beinhalten. Das ist ein großer Irrtum.
Je weniger Informationen ich für mein Handelssystem nutze, umso größeren Einfluss haben die Faktoren, die ich selbst bestimmen kann. Um es zu wiederholen: Risikomanagement, Money Management, Positionsgrößen. Um ein stabiles und lange funktionierendes persönliches Handelssystem zu schaffen, sollte man mit sehr wenigen externen Kriterien beginnen. Mit diesen sollte sich der Investor intensiv beschäftigen und sie vor allem darauf prüfen, ob sie zur eigenen Persönlichkeit und zu den Zielen beim Vermögensaufbau passen.
Hat man das getan, kann man weitere Kriterien langsam und über einen längeren Zeitraum hinweg hinzufügen. Man kann, muss aber nicht. Das Wichtigste ist und bleibt die Arbeit an den Faktoren, die man selbst kontrollieren kann – unabhängig davon, ob die Börsen steigen oder fallen. Diese Kriterien habe ich in diesem Artikel schon mehrfach erwähnt.
Basis für ein Handelssystem: Risikomanagement, Money Management, Positionsgröße, Geschäftsmodell!
Diesen Kriterien sollte man seine volle Aufmerksamkeit schenken. Dazu gehört auch, sich seine eigenen Gedanken zum Geschäftsmodell der jeweiligen Unternehmen zu machen. Statt die Fundamentalkennzahlen bis ins kleinste Detail zu analysieren und zu vergleichen, macht es oftmals mehr Sinn, sich zu fragen, ob das Geschäftsmodell des ausgewählten Unternehmens auch in drei, fünf oder zehn Jahren noch funktioniert. Wie meine Anlagestrategie in der Praxis funktioniert, kannst du in diesem Artikel lesen.
Am besten und für die persönliche Gesundheit förderlich fährt man mit folgendem Ansatz:
Es ist sinnvoll, davon auszugehen, dass man selbst nur einen Bruchteil der Dinge erkennen und absehen kann, die es gibt. Es gibt so viele Einflussfaktoren, die immer unsichtbar und unerkennbar bleiben werden. Anzunehmen, dass wenn man viele Kriterien erkannt und herausgefunden hat, es dann umso weniger geben muss, ist ein Trugschluss.
Es wird immer mehr Dinge geben, die man nicht kennt als Dinge, die man kennt. Mit dieser Einstellung geht man automatisch vorsichtiger an seine Investitionen heran, achtet auf das Risiko und ist sich bewusst, dass es jederzeit anders kommen kann, als man gedacht hat.
Stichwort: Erwarte das Unerwartete!
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