Der Vergleich ist der bucklige Cousin von Klatsch und Tratsch. Der Vergleich ist die Lieblingsbeschäftigung der Kleingeistigen. Warum ich mich dafür entschieden habe, mich nicht zu vergleichen mit anderen, erfährst du in diesem Artikel.
Sich mit anderen zu vergleichen ist das, was mich am meisten nervt bei meinem Tun. Vergleiche können alles abwerten, was ich persönlich mache und denke. Das Wissen um den Vergleich bremst mich auch beim Probieren von neuen Dingen. Jeder kleine Erfolg wird durch den Vergleich sofort in Relation zu den Erfolgen anderer gestellt. Entweder fühle ich mich ungerechtfertigt prima – weil ich offenbar erfolgreicher bin oder etwas besser mache als andere – oder das Gegenteil tritt ein; ich fühle mich schlechter und kann mich an meinem Erfolg nicht erfreuen. Beides ist äußerst negativ und verfälscht die eigene Leistung. Sich zu vergleichen ist auch sehr anstrengend. Und es bringt nichts.
Auf den Punkt hat das eine Freundin gebracht: „Ich brauche keinen Vergleich mit anderen, weil ich sowieso weiß, dass mein Leben das geilste ist.“ Diese zugegeben sehr exzentrische Sichtweise birgt dennoch die volle Wahrheit darüber, wie man mit Vergleichen umgehen sollte. Nämlich gar nicht.
Nur die selbst aufgestellten Kriterien und der Anspruch an mich selbst zählen. Und das ist in Zeiten von social media nicht so einfach. Die Fokussierung auf das Außen – was social media unweigerlich mit sich bringt – ist in den meisten Fällen negativ. Es macht mich nämlich abhängig von den Maßstäben und Ansprüchen anderer.
Diese Äußerungen, Meinungen und Kommentare von anderen kann ich durchaus als Wertungen verstehen. Wenn es Wertungen sind, vergleiche ich meine Ansichten und meine Handlungen mit denen von anderen. Diese Abhängigkeit des eigenen Urteils und der eigenen Meinung von dem Noise der anderen passiert schleichend und höhlt meine Prinzipien langsam aus. Zumindest besteht die große Gefahr, dass das passiert. Auch an der Börse ist der Vergleich mit anderen Marktteilnehmern meistens destruktiv. Mehr dazu kannst du in diesem Artikel über Performance lesen.
Irgendwann bin ich abhängig davon, dann warte ich auf Reaktionen der anderen, wenn ich etwas poste oder veröffentliche. Und wenn ich das mache, ist es nicht mehr weit bis zu dem Punkt, wo ich gar nicht mehr pur meine Meinung sage, sondern ich kalkuliere bei meinem Text bereits die möglichen Reaktionen der anderen ein. Das verfälscht meinen Text, bevor ich ihn überhaupt angefangen habe zu schreiben. Dann wird die Erkenntnis, dass mein Leben sowieso das geilste ist, manipuliert und ich fange an zu zweifeln.
Bleibe ich bei mir selbst und meinen Prinzipien, dann ist es relativ leicht, ein Ziel zu formulieren und mein Bestes zu tun, um es dauerhaft und immer wieder zu erreichen. Einen Vergleich mache ich dann nur mit der Version von mir, die ich gestern war. Das ist okay. Das beinhaltet Wachstum und Verbesserung der eigenen Ansprüche. Wenn ich nach meinen Kriterien und Prinzipien handle, dann ist mein Handeln in Ordnung – und zwar unabhängig vom Ergebnis.
Handeln darf keine Wertung bekommen durch das Ergebnis. Das eine ist der Prozess beim Handeln. Das andere ist das Ergebnis. Beide haben nichts miteinander zu tun. Es besteht kein Zusammenhang. Diese Erkenntnis schafft Ausgeglichenheit und durch Wiederholung letztendlich Meisterschaft in dem, was ich tue.
Der Vergleich im Börsengeschäft!
Sich beim Börsenhandel auf die Meinung anderer Marktteilnehmer einzulassen, führt ins absolute Chaos. Gerade das Börsengeschäft ist eines der individuellsten Geschäftsfelder, die ich kenne. Es gibt ein paar wenige Regeln, die von jedem erfolgreichen Börsianer genannt werden. Aber der ganze Rest ist pur individuell und es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten, an der Börse aktiv und auch erfolgreich zu handeln, dass ein Vergleich von vornherein dumm ist.
In keinem anderen Geschäft sind individuelle Stärken und Fähigkeiten so nützlich wie an der Börse. Die kann ich nur voll zur Wirkung bringen, wenn ich mich darauf konzentriere. Das schließt Vergleiche mit anderen Personen zwangsläufig aus. Wichtig ist nur, den Prozess und die Entscheidungsfindung vollständig vom Ergebnis zu trennen. Das gibt es wirklich nur im Börsengeschäft und vielleicht noch beim professionellen Poker.
Wenn ich das mache, was ich mache und es fühlt sich gut an, weil ich im Einklang mit mir bin, dann ist das, was ich mache, auch gut. Ich brauche keinen Vergleich zwischen dem Prozess und dem Ergebnis. Dieser Vergleich ist sinnlos und schädlich. Der Vergleich zerstört den Einklang. Und der Vergleich kommt immer von außen. Von Kriterien oder Meinungen, die von außen auf mein Denken und Urteilen wirken.
Wie ist das mit meinem Podcast? Ich mache die Sendungen für den Podcast und erwarte, dass ihn jemand anhört. Also muss ich jede Episode des Podcasts bewerben auf social media. Dann warte ich – das passiert unbewusst – auf die Reaktion von anderen. Der eigentliche Sinn, der Antrieb, diesen Podcast zu machen, geht dabei ein bisschen verloren. Ich sollte Texte schreiben, um zu mehr persönlicher Erkenntnis über mein Handeln zu kommen – nicht, um eine Reaktion von anderen Menschen zu erwarten.
Der Text wird nicht erst gut, wenn andere ihn begutachten und kommentieren. Wenn es ein guter Text ist und ich alles reingelegt habe beim Schreiben, dann ist der Text einfach gut. Dann ist es egal, wer ihn liest und wie viele ihn lesen. Der Text verändert sich nicht, nur weil er gelesen und kommentiert wird. Mehr zur Kraft des Schreibens kannst du in diesem Artikel lesen.
Der Vergleich: Wie kann ich äußere Einflüsse vermeiden?
Kann ich nicht einfach die äußeren Einflüsse der anderen Personen ignorieren? Leicht gesagt. Es gibt dann ein Problem mit der visuellen und damit geistigen Wahrnehmung. Worauf unsere Aufmerksamkeit zielt, das bestimmt zum großen Teil unser Handeln. Das, worauf unsere Aufmerksamkeit zielt, ist durch unsere Wünsche und Hoffnungen bestimmt. Deshalb erscheint es uns erstrebenswert. Etwas, was nicht erstrebenswert ist, braucht keine aktive Handlung, um es zu erreichen, weil wir es nicht erreichen wollen. Wenn wir uns mit Meinungen von anderen Personen beschäftigen, die überhaupt keine Rolle für unser Handeln an der Börse (oder bei anderen Beschäftigungen) spielen, dann lenken wir unsere eigentliche Aufmerksamkeit darauf. Der Vergleich folgt unmittelbar. Die Unzufriedenheit lauert an der Ecke.
Wenn ich um diese Einsicht weiß, muss ich nicht zwangsläufig zum Einsiedler werden. Aber ich sollte unterscheiden können zwischen den Situationen, wo ein Vergleich ok ist (selten der Fall), und wo nicht. Persönliches Handeln hat als Ausgangslage immer den Grund, die aktuelle Situation zu verbessern. Sonst bräuchte es keine Anstrengung, etwas zu tun. Ich habe eine Vorstellung von etwas, nennen wir es Ziel, und einen Wunsch, diese Vorstellung wahr zu machen. Das betrifft nur mich persönlich.
Meine Handlungen, die zu diesem Ziel führen sollen, zu vergleichen mit meinen Wertmaßstäben, meinen persönlichen Vorstellungen und Absichten und meinen Wünschen – das ist gut. Das führt zu persönlicher Weiterentwicklung. Aber sobald die Meinung anderer Personen ins Spiel kommt und ich mich vergleiche, ist der Blick in den persönlichen Abgrund vorprogrammiert. Diese Vergleiche wirken destruktiv. Sie zu vermeiden, ist absolut notwendig.
Die einzige Möglichkeit, sie zu vermeiden ist, sich nicht zu äußern. Beziehungsweise sich nur zu Dingen zu äußern, die einen Unterhaltungswert haben. Das ist dann wie ein unterhaltsamer Smalltalk auf einer Party. Man redet viel und sagt letztendlich gar nichts. Und wenn jeder Partygast das macht, kann das sogar zu einem ganz amüsanten Abend werden.
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Auch wenn es dem Sinn dieses Beitrages widerspricht: Das ist wirklich ein toller Text geworden!
Treffender kann man die Leiden unserer Zeit und die Konsequenzen für das Individuum kaum darlegen und die Brücke rüber zum Erfolg (oder viel eher dem Misserfolg) an der Börse lässt hier doch direkt ein zeitloses Werk erkennen.
Da ich die Idee hinter den Aussagen als Ganzes verstehe, habe ich mir soeben ein Lesezeichen in meinem Browser für den Blog gesetzt, um Dir hier auf diesem Weg immer mal wieder ein bisschen über die Schulter schauen zu können 🙂
Grüße
Jay
Hey Jay, es bestätigt meine hohe Meinung von dir, dass du den Text auch auf der Meta-Ebene verstehst. Ich freue mich, wenn wir in Kontakt bleiben – egal, ob wir gemeinsame Projekte stemmen oder einfach nur plaudern 😉 Danke dir und liebe Grüße, Tino