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Entscheidungen: Bin ich wirklich so gut?

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Entscheidungen und ihre Folgen bestimmen die Qualität unseres Lebens. Wer gute Entscheidungen trifft, bekommt auch gute Ergebnisse. Aber was ist, wenn das gar nicht stimmt? Wie kann ich beurteilen, ob ich gute Entscheidungen treffe? Ein paar Gedanken von mir zu „Thinking in Bets“ von Annie Duke.

Die Kausalität zwischen Entscheidung und Resultat ist uns evolutionär eingepflanzt. Wer gute Entscheidungen trifft, der bekommt auch gute Ergebnisse. In einigen Bereichen mag das auch heute noch Sinn machen. Wenn es wirklich die eigenen Erfahrungen sind, und nicht die Erfahrungen anderer, die man einfach nur nachahmt. Aber oft ist die Kausalität zwischen Entscheidung und Resultat überhaupt nicht hilfreich. 

„Für jedes Problem gibt es eine Lösung – und die ist falsch.“

Franz Mechsner, Neurobiologe

Entscheidungen für oder gegen irgend etwas und die daraus folgenden Resultate müssen wir voneinander trennen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Entscheidungen treffen wir in einer Situation der Unsicherheit. Sie im Rückblick mit einem Resultat zu verknüpfen ist sinnlos, denn im Moment, in dem die Entscheidung von uns getroffen wird, können wir keine Resultate sicher wissen. Es gibt nur eine Vielzahl von Möglichkeiten für Resultate. 

Ob die Ergebnisse unserer Entscheidungen (Beziehung, Job, Wohnung, Umzug in eine andere Stadt, eine Operation, Investments u.a.) gut für uns sind oder nicht, können wir zum Zeitpunkt der Entscheidungen nicht wissen. Wir können Vermutungen haben, im besten Falle Wahrscheinlichkeiten, aber mehr nicht. Bei dem Begriff „Wahrscheinlichkeiten“ sind wir schon mittendrin in dem großartigen Buch „Thinking in Bets“ von Annie Duke.

Ihr Buch beginnt mit dem folgenden kleinen Test: 

  • Stell dir die Frage, was deine beste Entscheidung des letzten Jahres war? 
  • Stell dir die Frage, was deine schlechteste Entscheidung des letzten Jahres war? 

Jeder Leser darf gerne einen Notizzettel nehmen und die Antworten auf diese zwei Fragen aufschreiben. Ich löse später auf.

Entscheidungen und Ergebnisse voneinander trennen: Warum ist das sinnvoll?

Entscheidungen selbst sind grundsätzlich immer richtig. Niemand trifft wissentlich eine Entscheidung, die persönliche Nachteile nach sich zieht. Jeder Mensch trifft im Moment der Entscheidung die für ihn bestmögliche Wahl. Das Problem ist, dass wir in der Rückschau das Ergebnis mit dieser Entscheidung im Zusammenhang betrachten und beurteilen. Das ist problematisch, denn  wir wissen immer noch nicht, ob es wirklich allein unsere Entscheidung war, die zu dem Ergebnis geführt hat. 

Ich habe einen Trade gemacht!

Dazu eine schöne Anekdote aus früheren Börsentagen, als noch Menschen im Pit gehandelt haben. Ein altgedienter Trader führt ein paar Bewerber durch den Handelssaal. Bleibt bei einem anderen Händler stehen, schaut auf die Kurse. Kurs S&P 500 Index (SPX) steht bei 2000. Der Trader sagt zu dem anderen: „Kaufe 1 SPX für 2000“. Order wird ausgeführt. Eine Minute später sagt er zu dem Händler: „Verkaufe 1 SPX market“ und der Verkauf wird bei 1998 ausgeführt. Dann wendet sich der Händler an die Frischlinge und fragt: „Was hab ich gerade gemacht?“ Sie antworten ihm, dass er 2 Punkte Verlust gemacht hat. Der Händler sagt: „Nein, ich habe einen Trade gemacht“.

Du verkaufst deine Wohnung für 200.000 Euro. Nach dem Verkauf steigt der Wert innerhalb eines Jahres um weitere 50.000 Euro. Es wird noch besser: Mit der erzielten Summe durch den Verkauf der Wohnung kaufst du Aktien. Dein Depot fällt innerhalb eines Jahres um 10%.. Das ist natürlich dumm gelaufen. Aber nur ein Narr sagt in der Rückschau: „Hätte ich mal nicht die Wohnung verkauft….“ 

Du konntest weder die Wertsteigerung der Wohnung wissen noch den Rückgang des Aktiendepots. Es hätte natürlich auch ganz anders ablaufen können. Die Wohnung wäre nach deinem Verkauf abgebrannt und dein Depot wäre abgegangen wie eine Rakete. 

Damit wir uns also nicht in der Rückschau unsere Entscheidungen zurechtbiegen, und um unsere Fähigkeiten bei Entscheidungen besser einschätzen zu können, macht es Sinn, sich im Moment des Entscheidungsprozesses Notizen zu machen. Der aktuelle Wissensstand wird dadurch festgeschrieben und kann nicht in der Rückschau durch Hindsight Bias verfälscht werden.

Annie Duke nennt diese Art von Notizen „Knowledge Tracker“.

„Wenn Sie den Knowledge Tracker verwendet haben, ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass es eine gute Idee wäre, die Dinge, die Sie vor der Entscheidung wussten, in einem Tagebuch festzuhalten, während Sie dabei sind, eine Entscheidung zu treffen. Es kann schwierig sein, sich genau daran zu erinnern, was man vor der Entscheidung wusste, wenn man das Ergebnis bereits kennt. Mit einem Tagebuch haben Sie etwas Konkretes, auf das Sie zurückgreifen können. Das Aufschreiben der wichtigsten Fakten, die für Ihre Entscheidung ausschlaggebend waren, wirkt auch wie ein Impfstoff gegen rückblickende Voreingenommenheit. Wenn Sie auf diese Weise über das nachdenken, was Sie zum Zeitpunkt der Entscheidung wussten, erhalten Sie einen klareren Zeitstempel und verhindern, dass sich die Erinnerung einschleicht, bevor es dazu kommt.“

Quelle: How to Decide: Simple Tools for Making Better Choices“ von Annie Duke

Die Kapazität des Gehirns sollte den wichtigen Entscheidungen vorbehalten sein. Aber wir können nicht zu viele wichtige Entscheidungen treffen. Unser Gehirn ist nicht unendlich belastbar. Für die meisten Routine-Entscheidungen greifen wir deshalb auf unser System 1 zurück (siehe Daniel Kahneman, „Schnelles Denken, langsames Denken“) und treffen sie intuitiv. Dabei erinnert sich unser Gehirn an frühere Situationen ähnlicher Art und vergleicht diese blitzschnell mit der aktuellen Situation. Das macht es für unser Gehirn einfacher, und wir sind dadurch sehr schnell in solchen Entscheidungen.

Welche Entscheidungen sind wirklich wichtig? 

Hier kommt die Priorität ins Spiel. Entscheidungen mit großer Tragweite sollten genügend zeitlichen Vorlauf haben. Um sie mehrfach überprüfen und korrigieren zu können. Außerdem helfen Checklisten, um den Entscheidungsprozess einfacher zu machen. Dabei ist es wichtig, welche Kriterien dieser Entscheidungsprozess beinhalten sollte und in welcher Reihenfolge sie abgearbeitet werden sollen. 

Es sollte immer auch Platz für Gegenargumente auf der Checkliste bleiben. Sonst suche ich mir nur die Fakten heraus, die meine Entscheidung bestätigen (Confirmation Bias). Ein großer Vorteil, wenn ich schön skeptisch bleibe und auch Gegenargumente zulasse ist, dass ich automatisch vorsichtiger agiere, wenn es um das Risiko geht, dass ich eingehen will. 

Konkret bei Aktienkäufen: Wieviel Kapital setze ich ein? Wie hoch ist mein Risiko bei dieser Spekulation? Wo liegt mein Stopp für den Katastrophenfall? Wie hoch ist meine Positionsgröße? Diese Fragen kann ich mir nur stellen, wenn ich die Möglichkeit zulasse, dass ich falsch liegen könnte. 

Nur weil ich mit der Aktie einen großen Gewinn eingefahren habe, muss es nicht zwangsläufig eine gute Entscheidung gewesen sein, sie zu kaufen in dieser Stückzahl und ohne Stopp Loss. Vielleicht war es einfach nur Glück, dass sie im Kurs gestiegen ist? Meistens ist es einfach nur Glück. 

Checkliste für bessere Entscheidungen

  • Bestimme eine sinnvolle Auswahl an möglichen Ergebnissen.
  • Ermittle deine Präferenz anhand der Wahrscheinlichkeit für jedes Ergebnis. Inwieweit gefällt oder missfällt dir jedes Ergebnis angesichts der Präferenz?
  • Schätze die Wahrscheinlichkeit, dass jedes Ergebnis eintritt.
  • Schätze die relative Wahrscheinlichkeit der Ergebnisse ein, die du für die in Betracht gezogene Option magst und nicht magst.
  • Wiederhole die Schritte 1-4 für andere in Frage kommende Optionen.
  • Vergleiche die die Optionen miteinander. (Quelle: Annie Duke „Thinking in Bets“)

Durch so eine Checklisten verlässt man sozusagen seine Komfortzone. Es müssen schwierige Aufgabenstellungen in der Checkliste stehen. Denn wenn wir die Fragen zu einfach beantworten können, kommen wir direkt ins nächste Dilemma. Wir denken dann, dass wir richtig gut Bescheid wissen über das, womit wir uns gerade beschäftigen. Das ist leider ein Trugschluss. Wir wissen meistens nicht besonders viel über irgend etwas, denken allerdings, dass wir viel wissen. Wer sich richtig schlecht fühlen will, kann gerne meinen Artikel über den Dunning-Kruger-Effekt lesen.

„Es mag entmutigend erscheinen, dass der Anteil dessen, was man weiß, so klein ist. Aber es gibt eine gute Nachricht, vor allem, wenn Sie eine konstruktive Einstellung zum Raten einnehmen: Jedes Mal, wenn Sie etwas lernen und etwas, das Sie nicht wissen, in etwas umwandeln, das Sie wissen, stärken Sie die Grundlage für Ihre Entscheidungen.“

Annie Duke, „Thinking in Bets“

Warum wir quantitativ vorgehen sollten, um bessere Entscheidungen zu treffen, zeigt auch die unterschiedliche Interpretation von bestimmten sprachlichen Aussagen. Wenn ich etwas sprachlich beurteile und einschätze, dann ist das immer subjektiv. Für eine andere Person haben die von mir verwendeten Begriffe eine völlig andere Bedeutung. Aber das wird leicht vergessen, weil Sprache nur selten hinterfragt wird. 

„Wir gehen davon aus, dass, wenn wir einen Begriff verwenden, andere Menschen ihn auf dieselbe Weise verwenden und dasselbe meinen wie wir. Das gilt besonders, wenn wir gängige Begriffe verwenden.“

Annie Duke, „Thinking in Bets“

Was heißt das überhaupt, wenn ich sage: „Der Aktienmarkt sieht für mich sehr schwach aus?“ Für mich ist diese Äußerung ziemlich eindeutig. Aber für andere Personen wahrscheinlich vollkommen sinnlos. Um Sprache und Aussagen in Bezug auf Entscheidungsfindung präziser zu machen, müssen wir sprachlichen Aussagen konkrete Wahrscheinlichkeiten zuordnen.

„Wenn Sie genau sagen, was Sie meinen, indem Sie Wahrscheinlichkeiten als Prozentsätze angeben, wird die Unstimmigkeit sofort deutlich. Wenn ich sage, dass die Wahrscheinlichkeit, dass etwas passiert, 30% beträgt, und Sie sagen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es passiert, 70% beträgt, dann wissen wir, dass wir uns nicht einig sind. Es gibt keine Zweideutigkeit. Wenn ich aber stattdessen sage: „Dieses Ereignis hat eine reale Wahrscheinlichkeit, dass es eintritt“, kann die Uneinigkeit verborgen bleiben, weil Sie vielleicht nicht wissen, dass ich denke, dass „eine reale Möglichkeit“ eine 30% Chance bedeutet, und ich vielleicht nicht weiß, dass Sie denken, dass es eine 70% Chance bedeutet. Da wir unterschiedliche Sprachen sprechen, nicken Sie vielleicht nur zustimmend und geben mir nicht die wertvollen, korrigierenden Informationen, über die Sie verfügen. Weil ich eine zweideutige Sprache verwendet habe, habe ich die Chance verpasst, meinen Glauben zu aktualisieren und zu kalibrieren..“

Annie Duke, „Thinking in Bets“

Wir grenzen die Streuung von Möglichkeiten ein, wenn wir mögliche Szenarien mit einer prozentualen Wahrscheinlichkeit versehen. Wir machen damit eine Aussage konkret und können sie dadurch verwenden. Wir können auch die verschiedenen Möglichkeiten für Resultate besser miteinander vergleichen. Dieser Prozess führt dazu, dass wir aus vergangenen Fehleinschätzungen lernen und bessere Entscheidungen treffen.

Es geht nun mal nicht ohne Daten und messbare Fakten. Richard Thaler hat das in seinem Buch „Misbehaving“ auf den Punkt gebracht.

„Um uns selbst – und erst recht andere – zu überzeugen, müssen wir unser Vorgehen ändern: Wir benötigen Daten, eine Menge Daten. Wie Mark Twain einmal sagte: »Nicht, was wir nicht wissen, bereitet uns Schwierigkeiten, sondern das, was wir mit Sicherheit wissen, was aber nicht der Wahrheit entspricht.« Menschen neigen zu Selbstüberschätzung, weil sie sich nicht die Mühe machen, ihre vergangene Bilanz falscher Vorhersagen zu dokumentieren, und dann machen sie die Dinge dadurch schlimmer, dass sie dem gefürchteten Bestätigungsfehler zum Opfer fallen – sie suchen nur nach Informationen, die ihre bestehenden Hypothesen bestätigen. Der einzige Schutz vor Selbstüberschätzung besteht darin, systematisch Daten zu erheben, insbesondere solche Daten, die vorgefasste eigene Meinungen widerlegen können. Wie meine Chicagoer Kollegin Linda Ginzel ihren Studenten zu sagen pflegt: „Wenn Sie es nicht aufschreiben, existiert es nicht.“

Richard Thaler, „Misbehaving“

Entscheidungen treffen mit Daten oder mit Begriffen?

Es gibt einen Unterschied zwischen Entscheidungen, die aufgrund von Begriffen getroffen werden und Entscheidungen, die aufgrund von Daten getroffen werden.

Kinder zum Beispiel treffen ihre Entscheidungen pur aufgrund von Begriffen und Gesten. Kinder haben keine Daten. Unglücklicherweise wird das nicht besser, wenn wir erwachsen sind. Unsere Urteile und Entscheidungen treffen wir dann auch meistens aufgrund von schwammigen Begriffen und subjektiven Einschätzungen. 

Aber Erfahrungen sind keine Daten. Erfahrungen sind subjektiv und nicht messbar und damit nicht vergleichbar. Sie sind individuell. Und oft genug spielen Glück und Zufall die entscheidende Rolle beim Ergebnis unserer Entscheidungen. Wir wollen das nur nicht wahrhaben. Wir fühlen uns nicht wohl bei dem Gedanken daran.

„Warum sind wir so schlecht darin, Glück und Können zu unterscheiden? Warum ist es uns so unangenehm zu wissen, dass Ergebnisse außerhalb unserer Kontrolle liegen können? Warum stellen wir eine so starke Verbindung zwischen den Ergebnissen und der Qualität der ihnen vorausgehenden Entscheidungen her?

Annie Duke, „Thinking in Bets“

Glück und Zufall spielen eine große Rolle bei Resultaten!

Birger Schäfermeier, ein Futures-Händler, der Anfang der 2000-er Jahre sehr bekannt war und auch ein Buch veröffentlicht hat über Trading, sagte mal. „Der Einstieg in einen Trade ist sekundär“.

Wer mag, darf an dieser Stelle gern den Begriff „Trade“ gegen „Investment“ austauschen. Das ändert nichts an der Aussage. Wer diese Aussage durchdenkt, wird feststellen, dass sie stimmt. Der Entry hat keine Bedeutung für den Ausgang des Trades. Der Ausgang des Trades hängt von der Entscheidung ab, wo ich aus diesem Trade aussteige. Das kann ein Stopp Loss sein oder mein Gewinnziel.

Das ist die nichts anderes, als wenn Annie Duke empfiehlt, Entscheidungen und Resultate voneinander zu trennen. Und Resultate nicht danach zu beurteilen, ob sie mit Gewinn oder Verlust enden.

Es ist nicht förderlich, Entscheidungen und Ergebnisse kausal zu verknüpfen. Menschen lieben Geschichten und unser Gehirn ist hervorragend darin, die Gründe für herausragende Ergebnisse in den zugrundeliegenden Entscheidungen zu finden. 

Dazu kommt noch, dass wir dazu neigen, gute Resultate nicht nur auf gute Entscheidungen zurückzuführen, sondern auch noch eine Überschätzung unserer Fähigkeiten „draufpacken“. Heißt, wenn wir ein tolles Ergebnis erzielt haben bei was auch immer für einer Aktion, dann nehmen wir an, dass das ausschließlich unserer Genialität und unseren außergewöhnlichen Fähigkeiten zuzuschreiben ist. Passiert das öfter und bleiben wir bei der Kausalität von Entscheidung und Ergebnis, dann verfestigt sich der Glaube an unsere herausragenden Fähigkeiten. 

Intelligente Menschen neigen übrigens noch öfter dazu, sich selbst und anderen besonders clevere Geschichten zu erzählen, um ihre Entscheidungen zu rechtfertigen. Wer mehr Phantasie und (Halb)Wissen hat, der kann auch bessere Geschichten erfinden.

„Kluge Menschen sind besser darin, Geschichten zu spinnen, die andere davon überzeugen, dass sie Recht haben, und zwar nicht, um diese Menschen in die Irre zu führen, sondern um zu verhindern, dass das Gewebe ihrer eigenen Identität zerreißt. Die Kombination aus motivierter Argumentation, der Neigung, sich selbst in die Irre zu führen, und einem übermäßigen Vertrauen in die Intuition führt dazu, dass kluge Menschen seltener um Feedback bitten.“

Annie Duke, „Thinking in Bets“

Wir schreiben positive Ausgänge ausschließlich unseren Fähigkeiten zu (die die Entscheidungen einschließen) und schlechte Ausgänge sind einfach nur Pech. 

Wir übernehmen die volle Verantwortung, wenn alles gut gegangen ist, aber wir verlagern die Verantwortung bei negativen Ergebnissen nach außen. Es war Pech und so was passiert eben. 

Um bessere Entscheidungen zu treffen, muss man zuerst einmal lernen, die Verantwortung in beiden Varianten zu übernehmen. Und man sollte herausfinden, warum eine Entscheidung getroffen wurde (Was waren die Gründe? Wie verlief der Prozess, der zur Entscheidung geführt hat? siehe Checkliste oben). Natürlich kann man nicht bei jeder Entscheidung nach einer Checkliste vorgehen. Aber beim Kauf einer Immobilie, beim Umzug in eine andere Stadt oder beim langfristigen Investieren oder Trading ist das möglich. 

Daraus ableitend sollte man festhalten, warum das Ergebnis gut oder schlecht ausgefallen ist und ob es nicht interne und externe Faktoren gab, die das Ergebnis zustande gebracht haben. Auch hier hilft eine Checkliste mit festgelegten Abfragen, besonders bei den externen Faktoren, die Einfluss nehmen. Aber es sollte auch eine persönliche Rückschau erfolgen auf die internen Faktoren, denn psychologische  Einflüsse bleiben oft unbemerkt, sind aber oft die wirksamsten – im guten wie im schlechten.

Es heißt immer, dass man aus seinen Erfahrungen lernen soll und das eifriges Tun und Handeln und Probieren ganz viele Erkenntnisse bringt, aber wie man erkennen kann, führt die Konzentration auf learning by doing möglicherweise zu völlig falschen Schlussfolgerungen.

Manchmal ist es einfach nur Glück!

Denn wir vergessen, dass es noch einen Faktor gibt, der zwischen einer Entscheidung und dem daraus folgenden Ergebnis steht – Glück. Denn genauso wie es Pech gibt (obwohl die Entscheidung für die Aktion gut überlegt und smart war) gibt es eben auch Glück, und dass, obwohl die zugrundeliegende Entscheidung richtig dumm war. 

Viele sind schnell darin, von persönlichem Pech zu sprechen, wenn etwas schief gelaufen ist. Das kennt sicher jeder. Paradox ist, dass kaum jemand von Glück spricht oder Zufall, wenn eine Sache gut ausgegangen ist. In dem Fall sind es immer die persönlichen Fähigkeiten, die zum Erfolg geführt haben. Wenn etwas nicht gut gelaufen ist, führen wir das in der Regel auf externe Einflüsse zurück. Läuft etwas super, dann deshalb, weil wir es drauf haben. 

Die Entscheidung, heute eine Aktie zu kaufen und nächste Woche sind Earnings, ist ein gutes Beispiel dafür. Die Earnings fallen überraschend positiv aus und der Kurs springt 10% nach oben. Das ist Glück, denn bei der Entscheidung, die Aktie heute zu kaufen, konnte ich diese Möglichkeit nicht wissen. Es war von Anfang an eine Wette mit einer Wahrscheinlichkeit von 50%. Dieselbe Aktie fällt nach miserablen Zahlen um 10%. Das ist Pech.

Wenn ich in beiden Fällen nach meiner Checkliste vorgegangen bin, dann habe ich trotzdem die richtige Entscheidung getroffen. Nämlich die Aktie zu kaufen. Das Ergebnis ist eine ganz andere Geschichte. Darauf habe ich keinen Einfluss. Es wäre als Learning sehr gefährlich, wenn ich bei der Variante mit dem Kurssprung nach oben denke, dass ich ein genialer Trader mit einem Gespür für super Deals bin. Genauso im Fall, wenn die Aktie fällt. Dann bin ich kein Loser. Das Ergebnis sagt also nichts über meine  Entscheidung aus. Vorausgesetzt, ich trenne Entscheidung vom Resultat. 

Überprüfe ich den gesamten Prozess, der zu meiner Entscheidung geführt hat und bin ich dabei ehrlich und fair mir gegenüber und übernehme die volle Verantwortung für meinen Entschluss, dann komme ich zu der Schussfolgerung, dass es möglicherweise nicht clever ist, vor der Bekanntgabe von Ergebniszahlen eine Aktie zu kaufen. Das wäre eine saubere Analyse, die mir bei künftigen Aktionen hilft. 

Wir denken in kausalen Zusammenhängen, weil wir uns dadurch Ereignisse besser erklären können. Wir brauchen Geschichten, die etwas Abstraktes verständlich machen. So werden Kausalitäten erfunden, wo oft gar keine sind. Besonders schädlich ist es, Entscheidungen und Resultate miteinander zu verknüpfen. Was übrigens nur klappt, wenn ich eine Entscheidung im Nachhinein beurteile. Also dann, wenn ich das Ergebnis kenne. Diese Rückschau (Hindsight Bias) ist aber sinnlos, denn als ich die Entscheidung getroffen habe, konnte ich das Resultat gar nicht kennen. Es war nur eine Möglichkeit von vielen.

„Wer die Zukunft prognostizieren will, sollte sich gesagt sein lassen,  dass wir dabei durch unser Wissenssystem verführt werden zu ignorieren, was wir gerade nicht ignorieren dürfen, die Verschränkung und Verfilzung von Effekten und Nebeneffekten.“

Alexander Mitscherlich, Thesen zur Stadt der Zukunft

Jetzt zu der anfangs gestellten Frage: Was war deine beste und was deine schlechteste Entscheidung des vergangenen Jahres? Was hast du aufgeschrieben? Hatte es etwas mit den Ergebnissen zu tun? Willst du die Fragen noch einmal beantworten, nachdem du den Artikel gelesen hast? 

Foto von Ivan Aleksic auf Unsplash

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