Radrennsport und Investieren: Was hat das miteinander zu tun? Mehr, als man auf den ersten Blick denkt. In meinen sportlichen Jahren war ich ein paar Jahre professioneller Radrennfahrer. Ich habe bei den Straßenrennen viel gelernt, was mir beim Investieren bis heute hilft. Was das ist, erfährst du in diesem Artikel.
Radrennsport und Investieren: Die Regeln im Überblick!
- Fahre im Hauptfeld, wenn du keine Ideen hast oder dich ausruhen oder verstecken willst. Wenn du keine eigene Strategie hast, investiere in ETFs.
- Fahre bei langen Anstiegen dein eigenes Tempo und lass dich nicht von anderen beeinflussen. Halte deinen Rhythmus und teile deine Kräfte ein. Verwende keine Benchmark für deine Performance und orientiere dich nicht an anderen Börsenteilnehmern.
- Halte immer eine Reserve für Notfälle. Eine genügend große Cashquote sorgt dafür, dass du handlungsfähig bleibst und bei Kursrückgängen investieren kannst.
- Attackiere nur, wenn deine Chancen auf Erfolg hoch sind. Überlege dir immer, welches Risiko du bereit bist einzugehen. Ist das Risiko im Vergleich zum möglichen Gewinn zu hoch, mache lieber nichts.
- Denk daran, dass alles passieren kann auf dem Weg zum Ziel. Erwarte immer eine Überraschung von anderen Fahrern. Alternative Szenarien sensibilisieren dich dafür, dass es auch anders kommen kann, als du dir überlegt hast.
- Genieße das Rennen, auch in den Phasen, wo es weh tut. In diesen Phasen lernst du am meisten. Wenn du Spaß bei einer Sache hast, bist du engagierter und deine Ergebnisse sind meistens besser.
Radrennsport und Investieren: Ausführliche Gedanken zu meinen Regeln!
Fahre im Hauptfeld, wenn du keine eigenen Ideen hast oder dich ausruhen beziehungsweise verstecken willst.
Eine Sache die ich sehr schnell bei den Straßenrennen gelernt habe: Wenn ich im Hauptfeld fahre, komme ich auf jeden Fall ins Ziel. Ich spare Energie durch den Windschatten der anderen Fahrer. Ich brauche mir keine Gedanken über das richtige Tempo machen. Ich rolle einfach mit, ohne dass ich selbst aktiv sein muss. Damit ist die Mindestanforderung als Rennfahrer bei einem Rennen erfüllt. Ankommen. Das Rennen beenden.
Gerade als Anfänger geht es doch zuerst einmal darum, anzukommen. Bezogen auf das Investieren an der Börse bedeutet das, dass du überhaupt erst einmal mit dem Investieren beginnst. Aber nur die wenigsten Anfänger haben eine klare und geprüfte Strategie. Was empfehle ich in einem solchen Fall?
Im Hauptfeld fahren bedeutet beim Vermögensaufbau, in ETFs auf die großen klassischen Indizes investieren. Das funktioniert mit einem einzigen ETF auf den MSCI World Index. Wer mehr machen will, fährt zusätzlich mit dem S&P 500 am besten. Die USA sind und bleiben auf absehbare Zeit Wirtschaftsmacht Nummer eins in der Welt. Dementsprechend sind die 500 größten US-Unternehmen im S&P 500 eine gute Wette bei genügend großem Anlagehorizont, um beim Investieren auf mittlere und lange Sicht erfolgreich abzuschneiden.
Die Performance des S&P kann sich jeder selbst über die letzten 10, 20, 30 oder 100 Jahre anschauen und die nötigen Schlüsse daraus ziehen, welche durchschnittliche Rendite man hier erzielen kann. Das Ganze ohne großen zeitlichen Aufwand und ohne sich den Kopf über einzelne Werte und deren Chancen zu zerbrechen. Den S&P 500 flankiere ich persönlich mit ETFs auf die Emerging Markets, China, US Reits und Dividenden ausschüttende ETFs für monatlichen Cashflow. Mehr zum Vermögensaufbau mit ETFs kannst du in diesem Artikel lesen.
Radrennsport und Investieren: Tipp für ETF-Fans
Auf der Website de.extraetf.com kann sich jeder die ETFs aussuchen, die am besten zur eigenen Anlagestrategie passen. Wer noch keine eigene Strategie für seine ETF-Investments hat, findet dort auch einige Vorschläge für den Aufbau eines kompletten Portfolios mit ETFs.
Fahre bei langen Anstiegen dein eigenes Tempo und lass dich nicht von anderen beeinflussen. Halte deinen Rhythmus und teile deine Kräfte ein.
Es ist immer verlockend, mit Konkurrenten mithalten zu wollen, die bei einem langen Anstieg in einem Rennen an dir vorbeifahren. Du solltest aber bei solchen Aktionen vorsichtig sein. Du weißt nie, welches Ziel derjenige verfolgt und ob dieses Ziel mit deinem übereinstimmt. Außerdem weißt du nicht, wie fit der andere Fahrer ist, wieviel Kraftreserven er hat und ob deine Fitness ausreicht, um mit ihm mitzugehen. Du kennst seinen Plan nicht und solltest ihn nicht zu deinem eigenen machen. Damit zwingt dir der andere seine Strategie auf.
Beim Investieren ist damit folgendes gemeint: Vergleiche dich nicht mit anderen Börsianern! Vergleiche dich nicht mit irgendwelchen Benchmarks, sei ist der DAX, der Dow Jones, der NASDAQ oder ein Wikifolio! Wenn du deine Strategie entwickelt hast und vor allem, wenn damit passives Investieren in einen ETF gemeint ist, dann halte dich daran und versuche nicht zwischendurch etwas anderes, was vermeintlich mehr Rendite bringt. Spoiler: Meistens ist das nicht der Fall!
Dieser Blick auf andere lenkt dich von deiner eigenen Strategie ab und macht dich in vielen Fällen auch unzufrieden. Eben weil du deine eigene Strategie aufgegeben hast für etwas Neues und Interessantes. Aber woher willst du wissen, ob das Neue funktioniert? Ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen, dass du mit dem Kopf gegen die Wand schlägst, wenn du die Vorgehensweise von jemandem kopierst und diese nicht funktioniert. Wenn du gleichzeitig feststellst, dass deine ursprüngliche Strategie funktioniert hätte (wenn du sie beibehalten hättest), dann lässt du deinen Kopf noch länger auf die Tischplatte knallen.
Wenn du deinen eigenen Rhythmus beim Investieren unterbrichst, sei es dein monatlicher Sparplan oder sind es festgelegte Kauf- oder Verkaufsorders, die du bei deinem Broker platziert hast, dann verringerst du deine Chancen, dein persönliches Ziel beim Investieren zu erreichen.
Risiko und Positionsgröße beachten!
Eine Änderung des „Rhythmus“ könnte zum Beispiel sein, dass du deine Positionsgrößen, die du normalerweise verwendest und die du festgelegt hast aufgrund deiner persönlichen finanziellen Situation (Money Management) veränderst. Wenn du deine Positionsgröße vergrößerst, vergrößerst du automatisch auch dein Risiko. Das ist besonders schlimm, wenn der Trade oder die Investition schiefläuft. Das soll nur als Anregung dienen, aber ich denke, es ist klar, was ich meine, wenn ich sage, dass du nicht auf andere schauen sollst. Dieser Blick auf andere kann deine eigenen Kraftreserven, in dem Falle meinen wir die finanziellen Reserven, schnell verringern und auch dein emotionales Gerüst sehr stark beschädigen. Deshalb: Behalte beim Investieren deinen eigenen Rhythmus bei.
Halte immer eine Reserve für Notfälle.
Das ist eine einfache Regel, die mit einigen Punkten, die ich eben angesprochen habe, zusammenhängt. Trotzdem wird diese Regel von vielen Einsteigern an der Börse wie auch von fortgeschrittenen Anlegern oft vernachlässigt. Das passiert vor allem in Phasen, wo die Kurse scheinbar nur eine Richtung kennen und man relativ leicht eine gute Performance in seinem Depot aufweisen kann.
Wenn die Börsen steigen, dann sind die meisten Anleger gerne voll investiert. Weil sie annehmen, dass diese positive Kursentwicklung nie wieder aufhören wird. Sie vergessen dabei aber, dass die Börse keine Einbahnstraße ist und dass Kurse auch einmal fallen können. Manchmal fallen sie auch so stark, dass es zu erheblichen Buchverlusten im Depot kommt und man auch emotional unsicher wird. Dann stellt sich der Anleger auf einmal Fragen, die er sich in den fetten Jahren nie gestellt hat.
Wer in solchen Situationen über eine Reserve, sprich ausreichend Cash verfügt, der bleibt handlungsfähig und kann sogar einen Angriff starten. Im Investitionssinne ist damit der Kauf von stark gefallenen, sehr guten Aktien oder ETFs mit attraktiven Bewertungen gemeint. Wie hoch die Cashquote im Portfolio sein soll, hängt von persönlichen Faktoren ab.
Wenn du kein Eigenkapital hast, kannst du niemanden anpinkeln!“
Michael Douglas als Gordon Gekko in dem Film „Wall Street“
Ich persönlich halte mindestens 10 % meines Portfoliovermögens in Cash. Wenn ich Cash schreibe, dann meine ich in der aktuellen Nullzinssituation auch tatsächlich Cash. In den Zeiten, als es noch Zinsen auf Tagesgeld oder Festgeld gab, lag dieser Cashanteil natürlich dort. Heute ist das sinnlos. Das gleiche trifft auf Anleihen zu, die zur Zeit auch nicht wirklich eine ausreichend sichere Rendite bringen. Das ist aber nur meine persönliche Meinung und jeder sollte das für sich festlegen und mit seiner Situation abstimmen.
Attackiere nur, wenn deine Chancen auf Erfolg hoch sind.
Beim Radrennsport und Investieren gilt, dass eine Attacke, oder eben eine Investition oder ein Trade, nur dann Sinn machen, wenn deine Chancen größer sind als dein Risiko. Das ist natürlich schwer einzuschätzen. Nur durch Erfahrung und Ausprobieren kannst du als Anleger hier besser werden.
Grundsätzlich gibt es aber Möglichkeiten der Einschätzung, wie man seine Chancen erhöhen kann im Vergleich zum eingegangenen Risiko. Das können fundamentale Bewertungskriterien sein oder auch die von vielen genutzte Charttechnik. Auch saisonale Aspekte oder die Marktzyklik können herangezogen werden, um zu einer besseren Beurteilung zu kommen, ob sich eine Investitionen oder ein Trade lohnt oder ob es besser ist, abzuwarten.
Denk daran, dass alles passieren kann auf dem Weg zum Ziel. Erwarte immer eine Überraschung von anderen Fahrern.
Überraschungen können immer passieren. Damit sind Dinge gemeint, die du weder bei einem Radrennen noch bei deiner Geldanlage für möglich gehalten hättest. Du kannst dir einen detaillierten Plan erstellen und der Meinung sein, dass du dabei an wirklich jeden Aspekt gedacht hast. Trotzdem wird es immer wieder passieren, dass du von unvorhersehbaren Situationen überrascht wirst.
Gegen diese Überraschungen kannst du dich nur sehr schwer absichern. Was du machen kannst, ist dafür zu sorgen, dass deine grundsätzliche Strategie von diesen Überraschungen so gering wie möglich beeinflusst wird. Damit ist auch der schon genannte Punkt gemeint, dass man immer eine Reserve haben sollte. Stichwort Cashquote im Depot.
Damit ist aber auch gemeint, dass du alternative Strategien in der Hinterhand hast und diese zum Einsatz bringen kannst. Zum Beispiel kann es dir passieren, dass du einen Sparplan auf einen bestimmten ETF gestartet hast und diese Region oder diese Branche auf einmal grundlegenden Änderungen unterworfen ist. In einem solchen Falle ist es gut, wenn du eine Alternative entweder bereits vorbereitet hast oder schnell erstellen kannst. Auf diese Art und Weise bist du vorbereitet auf mögliche Überraschungen und deine gesamte Strategie wird nie gefährdet sein.
Genieße das Rennen, auch in den Phasen, wo es weh tut. In diesen Phasen lernst du am meisten.
Radrennsport und Investieren: Egal, was es ist und was du machst – du solltest zuerst einmal Spaß daran haben. Man kann sich eine gewisse Zeit mit einer Sache beschäftigen und sich auch zu den Dingen zwingen, die dazugehören. Aber schöner ist es natürlich, wenn du eine Sache gerne machst. Meistens sind dann auch die Ergebnisse besser. Weil du ja auch immer besser wirst bei dem, was du tust. Und das passiert, weil du Spaß an der Sache hast.
Natürlich wird es immer Phasen geben, in denen alles scheinbar nur gegen dich läuft und du machen kannst, was du willst – dir gelingt einfach nichts. Das ist frustrierend, aber ich kann dir versichern: In diesen Phasen lernst du am meisten. Das sind nämlich die Phasen, in denen du mit neuen Einflüssen konfrontiert wirst, an die du in deinem Ausgangsplan beziehungsweise deiner Strategie niemals gedacht hast.
Man kann diese Phasen, in denen es schlecht läuft, auch mit dem Verlassen der persönlichen Komfortzone vergleichen. Du lernst nur, wenn du dich neuen Einflüssen aussetzt. Natürlich passiert das meistens in Situationen, die dich anfangs überfordern.
Sieh das als neue Herausforderung für dich an und als Möglichkeit, dich persönlich weiterzuentwickeln. Du wirst deine Fähigkeiten, ein guter Investor zu werden, definitiv verbessern. Deshalb sind diese Phasen, in denen es wehtut genau die, in denen du viel lernst über dich und deine Vorgehensweise. Das wird dir in der Zukunft enorm helfen.
Deshalb kommt an dieser Stelle der scheinbar paradox klingende Tipp von mir, diese Phasen zu genießen. Wenn du sie nicht genießt, hast du auch nicht die Möglichkeit, dein emotionales Verhalten, deinen Charakter und deine Vorgehensweise zu beobachten, um Fehler bei zukünftigen Investitionen zu vermeiden. Sei neugierig beim Herausfinden der Dinge, die du noch nicht gut kannst.
Führe ein Investment Journal!
An dieser Stelle empfehle ich, unbedingt ein Journal zu führen, in das du deine Investitionen oder Trades regelmäßig einträgst. Vergiss auch nicht die Gründe dafür aufzuschreiben mit möglichst klar messbaren Kriterien, nach denen du vorgegangen bist. Nur so kannst du dein Handeln kontrollieren und und auswerten.
Deshalb gehört in ein solches Journal meiner Meinung nach auch der emotionale Aspekt bei deinen Investitionen. Notiere die Gründe dafür und auch deine persönlichen Gedanken zu diesen Investitionen. Du kannst auf diese Weise zum Beispiel im Nachhinein feststellen, ob du möglicherweise zu gierig warst, zu viel wolltest (Stichwort zu große Positionen oder zu weit entfernt liegende Stoppkurse oder kognitive Verzerrungen, sogenannte Bias) und künftig auf diese Schwächen von dir ganz besonders achten.
Das Führen eines Journals erleichtert es dir, deine Fehler zukünftig zu vermeiden. Regelmäßig geführte Journale sind wunderbar dafür geeignet, diesen Verbesserungsprozess zu unterstützen.
Radrennsport und Investieren: Post Scriptum!
Es gibt beim Radrennsport und Investieren doch einige Gemeinsamkeiten. Da ich beide Disziplinen durch aktive Teilnahme sehr gut kenne, habe ich die Gemeinsamkeiten in den vorliegenden 6 Regeln zusammengefasst! Als Postscriptum bietet sich folgende Binsenweisheit an:
Ein Rennen ist erst zu Ende, wenn es zu Ende ist! Beim Vermögensaufbau und Investieren ist es nicht anders!
Foto: privat