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Stockpicking vs. Passives Investieren: Eine persönliche Analyse!

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Ich lese gerade das Buch „Regel Nummer 1“ von Phil Town. Der Inhalt des Buches hat mich zu folgender Überlegung inspiriert: Unter welchen Bedingungen macht Stockpicking und die Analyse einzelner Aktien Sinn und wann sollte sich der private Kleinanleger besser auf langfristiges passives Investieren konzentrieren? Um das Buch geht es natürlich auch in diesem Artikel.

Stockpicking erfordert Arbeit! 

Phil Town orientiert sich bei seinem Investment-Ansatz ganz klar an der Strategie von Warren Buffett. Er ist ein fundamentaler Analyst. Einer, der sich die Zahlen eines Unternehmens und die Bewertung der Aktie genau ansieht und danach entscheidet, ob er die Aktie kauft oder nicht. Das erfordert Arbeit, zeitlichen Aufwand und ein gewisses Verständnis für die Zusammenhänge der fundamentalen Bewertung einer Aktie. 

Macht Stockpicking für den Privatanleger Sinn?

Die Frage, die ich mir stelle ist folgende: Der kleine Privatanleger recherchiert die ganzen fundamentalen Daten (das geht heutzutage via Internet natürlich schnell und einfach, wenn man die richtigen Seiten findet, zum Beispiel www.finviz.com für US-amerikanische Aktien), wertet sie aus anhand von bestimmten Bewertungskriterien und stellt die ausgewerteten Daten in eine sinnvolle Beziehung zueinander. Er macht das, was eine ordentliche Fundamentalanalyse ausmacht. Wenn ein normal aufgestelltes Portfolio ungefähr 25 Positionen beinhalten soll, dann muss man davon ausgehen, dass es viel Arbeit ist, die richtigen Unternehmen für dieses Portfolio zu finden. Die Frage im Zusammenhang Stockpicking und Passives Investieren ist: Lohnt sich dieser Aufwand?

Passives Investieren am Beispiel der Strategie von John C. Bogle!

Lassen wir diese Frage einfach einmal im Raum stehen und wechseln die Spielwiese. John C. Bogle Bogle folgt bekanntlich einem ganz anderen Ansatz, nämlich dem des passiven Investierens, indem er einfach den maßgeblichen Indizes folgt mit seinem Portfolio. Bogle ist der Erfinder der ETFs. Mehr zu Bogle und seinem Investment-Ansatz erfährst du in diesem Artikel

Kaum jemand schlägt den Markt mit Stockpicking!

Bogle schreibt in seinem Buch, dass man es nur in Ausnahmefällen schafft, besser als der Markt mit seinem Depot zu performen und dass die Kosten, der Aufwand und die Steuern von Einzelinvestments verantwortlich dafür sind, dass kaum jemand es schafft, langfristig besser abzuschneiden als der Markt. Die Gegenüberstellung dieser beiden Ansätze zeigt mir, das es gewinnbringender für den Privatanleger ist, in Index-Fonds wie ETFs den Großteil seines Geldes zu investieren.

Der Autor Larry Swedroe („The Incredible Shrinking Alpha“, gemeinsam mit Andrew Berkin) antwortet auf die Frage, wie schlecht aktives Management ist, folgendermaßen:

Es ist schlecht und es wird schlimmer. Jedes Jahr führt S&P Dow Jones Indices eine Studie über aktives und passives Management durch. Letztes Jahr stellten sie fest, dass nach 10 Jahren 85% der (aktiv gemanagten) Large-Cap-Fonds eine Underperformance gegenüber dem S&P 500 aufwiesen und nach 15 Jahren fast 92% hinter dem Index zurückblieben.

Larry Swedroe

Passives Investieren vs. Stockpicking: Mein Fazit!

Es gibt natürlich Privatanleger, die aus der Bewertung von Aktien und dem daraus folgenden Stockpicking ein Hobby machen. Für diejenigen ist es völlig okay, wenn sie sich der Fundamentalanalyse hingeben. Oder der technischen Analyse. Spaß und Freude an der persönlichen Herausforderung, eine Aktie bis ins kleinste Detail zu analysieren steht dann im Vordergrund. Wer das möchte, soll das tun und ich mache das (manchmal und immer seltener) auch. 

Es ist ein Irrtum anzunehmen, der Privatanleger schafft es, konstant über längere Zeit den Markt zu schlagen. Fondsmanager schaffen es auch nicht! Das herauszufinden, ist einfach. Es ist reine Statistik.

Zu glauben, dass man mit Stockpicking als Privatanleger und Hobby-Investor es schafft, ein starkes und konzentriertes Depot wie Warren Buffet aufzubauen, das man viele Jahre hält und was auch noch kontinuierlich und sich wiederholend den Markt schlägt und eine Outperformance aufweist – das muss man sich abschminken. Das wird zu 90 oder 95 % nicht passieren. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich diese Regel.

Die meisten Privatanleger sollten Stockpicking beim Vermögensaufbau hinterfragen!

Wer seinen Vermögensaufbau geplant angeht, der muss Stockpicking hinterfragen. Weil es statistisch gesehen nicht funktioniert. Das Risiko ist zu groß, mit der eigenen Aktienauswahl daneben zu liegen. Was auch daran liegt, dass ein durchschnittlicher Privatanleger es nicht schafft, eine ausreichende Diversifikation in seinem Portfolio umzusetzen. Die finanziellen Möglichkeiten sind für die meisten begrenzt. Und um auf das Risiko hinzuweisen in einem Bullenmarkt, der seit 2009 andauert und die meisten Anleger bisher überhaupt nicht mit der Tatsache konfrontiert hat, dass es auch anders kommen kann, folgende Aussage von Larry Swedroe:

Alle Risikoaktiva weisen eine lange Underperformance auf. Wenn dies nicht der Fall wäre, bestünde für langfristige Anleger kein Risiko. Die meisten Anleger wären schockiert zu erfahren, dass der S&P 500 in drei Zeiträumen von mindestens 13 Jahren (1929-1943, 1966-1982 und 2000-2012) eine Underperformance gegenüber risikolosen einmonatigen Treasurys (Staatsanleihen) erzielt hat. Dies bedeutet, dass langfristige Anleger diszipliniert sein müssen. Diversifikation ist dein Freund, der dich davor schützt, alle deine Eier im falschen Korb zu haben.

Larry Swedroe

Womit ich wieder zum Buch von Phil Town komme. Das war jetzt ein großer Umweg, aber mein Gedanken zu den verschiedenen Investmentstrategien war nötig. Nur so können wir beurteilen, ob das Buch „Regel Nummer 1“ von Phil Town kaufenswert ist oder nicht.

Stockpicking: Welche fundamentalen Kennzahlen sind für Phil Town wichtig?

Also zurück zum Buch: Es geht um fundamentale Analyse von Aktien. Es geht nur um Zahlen. Ganz pur und ohne Umwege. Eine große Bedeutung misst er zum Beispiel dem ROI (Return auf Investment) bei. Es ist kein Problem, den ROI eines Unternehmens im Internet zu finden für das letzte Jahr oder für die vergangenen fünf Jahre. Dasselbe trifft auf Daten wie Umsatzwachstum oder Gewinnwachstum/ EPS-Wachstum zu. Aber Daten zu finden und das Verständnis dafür entwickeln, ob diese Daten für oder gegen ein Investment in das Unternehmen sprechen, das ist eine echte Herausforderung für den Privatanleger. Da gibt es nichts zu beschönigen. Da muss der Hobby-Investor sich auf den Hosenboden setzen und lernen. 

Stockpicking bedeutet mehr als eine gute Fundamentalanalyse. Es bedeutet, ein Unternehmen richtig gut zu kennen!

Wenn Phil Town dann noch zum Thema Geschäftsführung eines Unternehmens kommt und in die Feinheiten der Public Relations einsteigt zwischen Unternehmen und den Aktionären, dann könnte es sein, dass die meisten Privatanleger kapitulieren. Diese Informationsauswertung geht so ins Detail und ist meiner Meinung nach nur mit sehr viel Erfahrung und nach vielen Jahren möglich. Der Privatanleger muss sich überlegen, ob er nicht angenehmeren Hobbys in seiner Freizeit nachgehen möchte. 

Wer diese Frage verneint, für den ist das Buch von Phil Town ein Muss und derjenige sollte das Gelesene anwenden. Er hat seine Bestimmung gefunden. Die anderen, die jetzt zweifeln, müssen sich fragen, ob der ganze Aufwand beim Stockpicking lohnt?

Buchtipp: „Regel Nummer 1“ von Phil Town!

Das spricht überhaupt nicht gegen das Buch. Das Buch baut anhand sehr vieler konkreter Beispiele Stück für Stück das Verständnis beim Leser auf, wie eine Aktie/ ein Unternehmen zu bewerten ist. Das macht Phil Town superstark und sehr verständlich. Durch die vielen erwähnten Beispiele ist es absolut anschaulich (auch für Einsteiger in das Thema) und wer will, lernt tatsächlich viel über Unternehmensbewertung und die fundamentalen Kennzahlen eine Aktie. Aber ich wiederhole: Man muss Spaß daran haben, es muss eine Art Hobby sein, denn sonst wird das Ganze zum Zeitvertreib. 

Stockpicking und Passives Investieren: Für wen ist die jeweilige Strategie sinnvoll?

Wer keine klare Vision davon hat, wie er den Inhalt des Buches anwenden will, wie er die im Buch beschrieben Zusammenhänge verstehen und zu einem großen Ganzen verknüpfen kann, der wird das Gelernte/ Gelesene nicht wirklich anwenden können. Und für denjenigen ist Stockpicking wahrscheinlich der falsche Weg zum Vermögensaufbau.

Ich behaupte, den meisten wird es nach der Lektüre nicht anders gehen als vorher. Sie werden viel über fundamentale Kennzahlen wissen, aber es wird nicht dazu reichen, eine fundierte Analyse eines Unternehmens/einer Aktie vorzunehmen.

Abschließende Gedanken zu Stockpicking und Passives Investieren!

Damit bin ich wieder bei dem oben genannten Überlegungen von John C. Bogle. Die Frage, die auch ich mir stelle ist: Sollte ich nicht die Masse meines Aktiendepots in Index-ETFs anlegen und mich nur mit einem kleinen Teil meines Vermögens an individuellem Stockpicking versuchen? Oder Optionsstrategien fahren oder auch aktives Swingtrading betreiben…?

Ich persönlich werde wohl nie ein herausragender fundamentaler Analyst werden. Dazu fehlt mir die Expertise, die Geduld und dazu fehlt mir auch ein bisschen der Ehrgeiz. 

ETFs als Core-Investment in meinem Aktiendepot!

Ich werde mein persönliches Depot in den nächsten Jahren verstärkt auf ein Core-Investment aus verschiedenen ETFs aufbauen, die auch regelmäßig Dividenden an mich ausschütten (in diesem Artikel stelle ich dir ein paar ausgewählte Dividenden-ETFs vor) Ich werde nur einen kleinen Teil meines Vermögens in ausgewählte einzelne Aktien investieren. Diese werde ich nach meiner BMIF-Methode auswählen.  Ich werde mich also nicht komplett aus der Analyse von Einzelaktien verabschieden. Schon allein deshalb nicht, weil ich regelmäßige Dividendenausschüttungen bevorzuge und ich diese mit der geringeren Dividendenrendite bei ETFs nicht optimal erreichen kann.

Regelmäßiger Cashflow durch Dividenden und Optionsprämien ist für mich die oberste Maxime bei meinem Anlage-Portfolio – möglichst mit geringem Risiko!

In diesem Punkt werde ich also weiterhin starke Dividendenzahler mit günstiger Bewertung in meinem Depot halten. Besonderes Augenmerk gilt hier der Immobilienbranche. Speziell US-REITs werden immer Teil meines Portfolios sein. Ich werde genauso einen Teil meines Investmentkapitals in mein Optionen-Depots investieren und dort Income-Strategien einsetzen, die für einen regelmäßigen Cashflow sorgen bei geringerem Risiko und vor allem unabhängig vom Gesamtmarkt. 

Ich bin bescheiden geworden im Laufe der Zeit und weiß vor allem, was ich nicht weiß. Und das, was ich nicht weiß, ist so viel, dass ich deshalb nicht mein ganzes Vermögen in einen Bereich investieren kann, von dem ich nur die Hälfte verstehe.

Wer sich für Fundamentalanalyse interessiert und wen der Aufwand, den diese mit sich bringt, nicht abschreckt, für den ist das Buch „Regel Nummer 1“ von Phil Town ein sehr gutes Werkzeug und unbedingt zu empfehlen. Alle anderen sollten wenigstens zum Vergleich von Stockpicking und Passives Investieren das Buch von John C. Bogle lesen. 

Die meisten Anleger sind besser bedient, wenn sie kostengünstige Indexfonds wie den S&P 500 und den Russell 2000 besitzen und sich nicht die Mühe machen, einem aktiven Manager eine höhere Gebühr für die Auswahl von Aktien oder Fonds zu zahlen. Sie müssen keine 50 Investmentfonds oder ETFs besitzen, um ein breites Portfolio zu haben. (…) Sie könnten es mit nur drei Investitionen tun. Sie benötigen einen breit aufgestellten US-Aktienfonds beziehungsweise ETF. Sie benötigen einen breit aufgestellten internationalen Fonds beziehungsweise ETF. Und Sie müssen Anleihen besitzen. 

Larry Swedroe
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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Es ist interessant zu sehen wie sich ein erfahrener Investor dazu entschließt, verstärkt in ETF zu investieren statt in Einzelaktien. Die meisten mir bekannten Finanzaccounts auf Instagram reden immer nur von Stockpicking. Selten hört man von Investoren, für die ETF die 1. Wahl sind. Danke für diese differenzierte Darstellung und neue Denkanstöße. Gerne werde ich mir auch deine anderen Beiträge auf deinem Blog durchlesen. 🙂

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    • Das kenne ich bei Instagram auch und irgendwie ist es auch logisch, dass die meisten dort sich mit Stockpicking beschäftigen. Denn die meisten sind per se Anfänger im Business, und da denkt man noch, dass man besser ist als der Markt. Die ganzen Einflüsse durch andere Influencer und durch Börsenzeitschriften tun ihr übriges. Statistisch gesehen funktioniert das aber nur in 10 % der Fälle und dann mit enormen Arbeitsaufwand. Lies das Buch von John C. Bogle! Oder lies meinen Artikel über das „Above Average Paradoxon“! Viel Erfolg!

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