Die ETF-Branche bot weiter. Immer mehr Geld fließt in die passiv gemanagten Fonds. Sie locken mit niedrigen Gebühren und einem scheinbar geringeren Risiko. Eine weitere Spielart innerhalb der ETF-Industrie sind synthetische ETFs. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
Synthetisch replizierende ETFs halten nicht die Werte, die dem Index zugrunde liegen im Vergleich zu den replizierenden ETFs. Letztere betreiben ein permanentes Re-Balancing und kaufen beziehungsweise verkaufen täglich die Aktien, die in dem abgebildeten Index enthalten sind. Synthetische ETFs nutzen Derivate, wie zum Beispiel Tauschgeschäfte (englisch: „Swaps“), um die Wertentwicklung des eigentlich zugrunde liegenden Index abzubilden und sichern diese Tauschgeschäfte mit der Hilfe eines Sicherheitskorbes (englisch: „collateral“) ab. Mehr zu den Risiken bei einer Investition in passive Investmentfonds (ETFs) kannst du übrigens in diesem Artikel lesen.
Wie funktioniert eigentlich ein synthetischer ETF?
Konkret sichert dabei der Swap-Partner, meist eine Investment Bank und oft die eigene Muttergesellschaft des ETF-Anbieters, dem ETF-Anbieter die genaue Wertentwicklung des gewünschten ETF-Referenzindexes zu und erhält dafür die Wertentwicklung eben jenes Sicherheitskorbes des Fonds, der aus einem ganz anderen Portfolio bestehen kann. So kann ein ETF-Anbieter beispielsweise stets ein Aktienportfolio aus europäischen Blue Chips tauschen, egal, welchen Index der Fonds abbilden möchte. In der Praxis sieht das dann so aus, dass in einem synthetischen ETF auf einen asiatischen Index wie beispielsweise dem Hangseng (Hongkong) Aktien aus dem europäischen Raum enthalten sind. Dieses Portfolio des ETF bietet den Investoren die Sicherheit, falls der ETF-Anbieter bankrott gehen sollte.
Diese Vorgehensweise sorgt bei Anlegern, die in einem solchen Index investieren, naturgemäß für einige Verwirrung. Denn mit einer Nestlé oder Danone rechnet der Anleger natürlich nicht, wenn er in einen ETF investiert, der den Hangseng Index nachbildet.
Bei bestimmten Märkten und Anlageklassen machen synthetische ETFs Sinn!
Aber manchmal hat diese Methode sogar Sinn. Mit synthetisch replizierenden Fonds können Fondsgesellschaften einen Index präziser nachbilden, das heißt ohne oder mit deutlich weniger Tracking Error als bei so manchem physischen ETF. Hinzu kommt, dass manche Indizes auf Rohstoffe oder auf bestimmte Schwellenländer wie Indien sich nur über synthetische ETFs darstellen lassen, weil die Basiswerte sich nicht ökonomisch kaufen oder lagern lassen, zum Beispiel Öl. Wer sich übrigens für ETFs auf den indischen Aktienmarkt interessiert, kann in diesem Artikel mehr dazu erfahren.
Europäische Richtlinien für synthetische ETFs bieten Anlegern Sicherheit!
Durch die Involvierung eines Swap-Partners entsteht Kontrahentenrisiko, welches durch die europäischen Richtlinien zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmter Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW oder englisch: UCITS) geregelt wird. So schreibt OGAW vor, dass dieses Kontrahentenrisiko nicht größer als 10% des Nettoinventarwertes (englisch: Net Asset Value or NAV) des ETF sein darf, oder mit anderen Worten der Marktwert des Sicherheitskorbs nicht unter 90% des NAV fallen darf. Der ETF-Anbieter muss Sicherheiten für diesen Betrag bei einer unabhängigen Depotbank hinterlegen. Das funktioniert also ähnlich wie der Einlagensicherungsfonds, mit dem Sparkonten abgesichert werden. Sollte ein katastrophales finanzielles Versagen für einen Kollaps des ETF sorgen, würden die Sicherheiten verkauft, um die investierten Anleger auszuzahlen. Die Sicherheiten werden täglich neu bewertet und aufgefüllt, wenn die 90% -NAV-Regel nicht eingehalten wird. In der Realität gehen die meisten ETF-Anbieter noch weiter und stellen sicher, dass Sicherheiten im Wert von 110% oder sogar 120% zur Verfügung stehen, um das investierte Vermögen der Anleger in dem ETF abzudecken.Die Differenz zwischen dem Sicherheitsportfolio und dem abgebildeten Index wird regelmäßig ausgeglichen.
Diese synthetische Nachbildung ist genauer als die physische und zudem günstiger, da nicht stets alle im Index relevanten Wertpapiere gehandelt werden müssen.
Wer denkt, dass ETFs grundsätzlich ein Marktrisiko haben, sollte sich einmal mit Smart Beta-ETFs beschäftigen. Mehr zu Smart Beta-ETFs erfährst du in diesem Artikel.
Was ist besser: Synthetische ETFs oder replizierende ETFs?
Mein Fazit ist folgendes: Bestimmte Märkte oder Anlageklassen erfordern ein Investment in synthetische ETFs. Die Sicherheitsrichtlinien für diese sind streng. Ich würde also nicht grundsätzlich von synthetischen ETFs abraten. Sie haben sogar Vorteile, wie ich weiter oben aufgeführt habe.
In klassische Aktienindizes wie den S&P 500 oder der DAX, Nasdaq oder Euro Stoxx 50 würde ich allerdings immer mit replizierenden ETFs investieren – ob als Einmalanlage oder als Sparplan. Tipps für gute Dividenden-ETFs findest du übrigens in diesem Artikel.
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