Börsen PsychologieWissen

Wann nimmt man am besten Gewinne mit?

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Speziell in Bullenmärkten wie diesen, die schon einige Jahre laufen, kommt jeder Anleger an einen Punkt, wo er sich fragt: Was mache ich mit den Buchgewinnen meiner Aktien? Geht die Rallye weiter oder sollte ich lieber aussteigen, bevor der Markt kippt? Reflexionen über mögliche Antworten.

Eins vorab: Dieses Thema ist eines der kompliziertesten überhaupt für Anleger. Denn es kann nicht die eine exakte Antwort geben. Dafür ist das Thema zu komplex. Vor allem aber ist die menschliche Psyche zu kompliziert, um dieses Thema rational anzugehen. Mir geht es da genau so wie allen anderen. Und ich nehme vorweg: Ich bin bei dieser Thematik auch noch ein Suchender und werde das wahrscheinlich solange bleiben, wie ich an den Finanzmärkten aktiv teilnehme. 

Es gibt verschiedene Herangehensweisen zu diesem Thema. 

Sell in May and go away!

Eine alte Börsenweisheit, die auf statistischen Daten beruht. Die Annahme ist, dass im Mai tendenziell die Kurse fallen, um im Laufe des Herbst wieder anzuziehen. Also komplett aussteigen, abwarten und im September/ Oktober wieder Aktien kaufen. Nachteil: Man hat Transaktionskosten und verpasst Dividenden (zumindest bei Unternehmen, die quartalsweise ausschütten). Außerdem muss es nicht klappen. Der Markt beziehungsweise die einzelnen Aktien im Depot könnten seitwärts tendieren oder sogar weiter steigen.

Limitkurse setzen und an diesen die Position schließen. 

An sich kein schlechter Gedanke. Man setzt sich nach dem Einstieg ein Ziel, zum Beispiel 10 oder 20 Prozent Kurszuwachs und bei Erreichen dieser Zielmarke schließt man die Position. Aber auch bei dieser Variante stellt sich die Frage: Was ist, wenn der Kurs einfach weiter steigt? Dann kann ich nur noch zuschauen und mich ärgern, nicht investiert geblieben zu sein. 

Einen Teil der Position glattstellen!

Man könnte zum Beispiel bei Erreichen einer bestimmten Zielmarke die Hälfte der Position verkaufen und lässt die andere Hälfte weiter laufen. Auch hier haben wir ein Dilemma. Denn entweder läuft die Aktie weiter und ich bin nur noch mit der Hälfte dabei und verliere Performance. Oder die Aktie fällt und ich ärgere mich, dass ich nicht die gesamte Position glattgestellt habe. 

Einen Stoppkurs platzieren!

Keine Aktie steigt linear. Das gibt es nicht. Rücksetzer kommen in jedem Aufwärtstrend vor. Nicht selten wird jemand, der einen Stoppkurs platziert hat, unglücklich aus seiner Position geholt, nur um anschließend zu sehen, dass die Aktie wieder dreht und dynamisch nach oben läuft.

Man sieht deutlich, dass es keine goldene Regel gibt, wie man optimal mit seinen Buchgewinnen umgeht. Jeder muss das mit sich selbst ausmachen. Jeder muss seine persönliche Toleranzschwelle festlegen, ab welchem Zeitpunkt er nervös und ängstlich wird. 

Der eigene Wohlfühl-Faktor ist wichtig bei Aktieninvestments!

An dieser Stelle kann ich einen kleinen Hinweis geben: Wenn man sich mit seiner Position nicht mehr wohl fühlt, Angst um seine Buchgewinne hat oder mit den aufgelaufenen Gewinnen mental nicht umgehen kann, weil sie zu groß sind – der sollte aus der Position aussteigen. Für den einen sind schon 200 EUR Kursgewinn ein Haufen Geld. Bei anderen beginnt das Schwitzen vielleicht erst bei 1.000 EUR Buchgewinn. Egal, wo diese Schwelle liegt – wer sich mental nicht mehr im Griff hat, sollte an diesem Punkt die Reißleine ziehen und aussteigen. Es gibt noch tausende anderer Aktien, in die man wieder investieren kann. 

Hoffnung ist ein schlechter Ratgeber!

Mein zweiter Tipp ist, sich dann Gedanken über einen Ausstieg aus einer Aktie zu machen, wenn sich fundamental etwas geändert hat. Ich meine nicht irgendwelche Kleinigkeiten, sondern wirklich entscheidende Kriterien. Für mich wäre zum Beispiel eine signifikante Dividendenkürzung ein Grund, aus einer Aktie auszusteigen. Egal, ob ich im Gewinn oder im Verlust bin. Letztes Jahr ist mir das bei der General Electric so gegangen. Dividende heruntergesetzt auf 1 US-Cent – da bin ich ‚rausgegangen und zwar mit einem heftigen Verlust. War mir aber in dem Moment egal, denn das ist eben eine meiner Regeln. Ich will vor allem gut schlafen nachts, da brauche ich nicht solche Horror-Unternehmen in meinem Depot. Also: Wenn sich bedeutende fundamentale Kriterien eines Unternehmens ändern, sollte man sich genau überlegen, ob man engagiert bleiben möchte. Hoffnung ist an der Börse meistens ein schlechter Ratgeber!

Die perfekte Lösung für die Gewinnmitnahme gibt es nicht!

Letztendlich gibt es nicht die eine Lösung, was den optimalen Zeitpunkt für Gewinnmitnahmen betrifft. Das ist eine subjektive Entscheidung, die von sehr vielen Faktoren abhängt. 

Goldene Regel: Cash is King!

Eine Sache vielleicht zum Schluss: Man sollte immer genügend Cash zur Verfügung haben, um im richtigen Moment gute Aktien kaufen zu können. Der richtige Moment, um gute, solide Aktien zu kaufen ist, wenn der Markt einen richtig ordentlichen Rücksetzer macht. Blöd nur, wenn man dann voll investiert ist, weil man dachte, die Party endet nie. Jede Party endet irgendwann!

Photo by Razvan Chisu on Unsplash

Tags: Aufwärtstrend, Börsenregeln, Bullenmärkte, Gewinnmitnahme, Limitkurs, Performance, Stoppkurs

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