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Wie gut funktioniert die Greenblatt-Formel wirklich?

3 Kommentare

Ich habe am 1.7. 2019 ein Musterdepot angelegt, dass nach den Kriterien der Greenblatt-Zauberformel aufgestellt war. Hier geht’s zum dazugehörigen Artikel. Nach Abschluss des Börsenjahres 2019 stellt sich die Frage: Hat dieses Experiment geklappt? Wie war die Performance dieses Muster-Portfolios?

Joel Greenblatt von Gotham Capital verwendet eine Art Vorfilter, um Aktien zu finden, die aktuell eine gewisse Unterbewertung aufweisen bei gleichzeitiger hoher Profitabilität. Dazu verwendet er in der abgespeckten Variante seiner „Zauberformel“ zwei einfache Kriterien: den ROIC – den Return of Investing Capital und das KGV – das Kurs-Gewinn-Verhältnis.

Erklärung der beiden Kriterien der Greenblatt-Formel

Der ROIC ist die Rendite, die ein Anleger für seine Investition in die Aktie eines Unternehmens erhält. Gebe ich einem Unternehmen einen Dollar Investitionskapital und der ROIC beträgt 25 %, dann erwirtschaftet das Unternehmen für mich nach einem Jahr eine Verzinsung meines Kapitals von 25 Cent. Unternehmen mit hohen Renditen auf das investierte Kapital sind wahrscheinlich die, die über ein starkes Geschäftsmodell und einen wirtschaftlichen Burggraben verfügen. Damit ist es unwahrscheinlich, dass man in eine „Werte-Falle“ gerät. Mehr zum Thema „Werte-Falle“ kannst du in diesem Artikel lesen.

Das KGV verwendet er klassisch, das heißt, er sucht nach Aktien mit einem besonders niedrigen KGV. Anschließend filtert er nach Unternehmen mit einem hohen ROIC.

Für einen Kauf kommen bei dieser einfachen Bewertungsmethode die Unternehmen in Frage, die die beste Kombination aus beiden haben – also niedriges KGV und hoher ROIC. Um den Zufall halbwegs auszuschließen, habe ich noch ein weiteres Kriterium hinzugefügt. Die Marktkapitalisierung sollte mindestens 2 Mrd. USD betragen. Damit wurden small und micro Caps von vornherein ausgeschlossen.

Welche Aktien waren im Startdepot am 1.7.2019?

Ich habe das Musterdepot am 1. Juli 2019 vor Börseneröffnung in den USA angelegt. Kriterien waren mindestens 25 % ROIC und ein P/E kleiner 10. Folgende Aktien habe ich gefunden mit dem Screener von www.finviz.com:

  • Cleveland-Cliffs Inc. (Dividendenrendite 2,25 %)
  • GraveTech International Ltd. (Dividendenrendite 2,96 %)
  • HP Inc. (Dividendenrendite 3,08 %)
  • Micron Technology (Dividendenrendite 0 %)
  • Seagate Technology (Dividendenrendite 5,35 %)
  • Synchrony Financial (Dividendenrendite 2,42 %)
Screenshot des Musterdepots nach der Greenblatt-Formel bei finviz.

Ergebnis des Musterdepots nach der Greenblatt-Formel

Die Performance ist zurückgerechnet auf den 1.1.2019. Letztendlich finde ich das auch fair, denn interessierte Anleger, die die Greenblatt-Formel anwenden würden, um ein Portfolio aufzubauen, würden das wahrscheinlich auch zu Jahresbeginn machen.

Das Muster-Portfolio weist einen Gewinn auf von 30,28 %. Dazu kommt die Dividendenrendite von knapp 3 %. Das ergibt einen Total Return von 33,25 %. Das liegt im Bereich der Performance vom S&P 500. Also war dieses Depot kein Outperformer. Aber es lief auch nicht besonders schlecht gegenüber dem Vergleichsindex. Nachfolgend sieht man die Performance der einzelnen Aktien.

Screenshot vom Musterdepot nach der Greenblatt-Formel erstellt bei simplywallstreet

Die Diversifikation war mit nur 7 Titeln im Musterdepot auch erstaunlich gut, wie nachfolgender Screenshot zeigt.

Beim P/E ergab sich über die Zeitspanne keine Änderung. Es beträgt immer noch 9,5. Die Unterbewertung bei der Cashflow-Analyse beträgt immer noch 38,5 %. Das wäre also ein Depot, was ich so durchaus auch im neuen Jahr haben könnte. Aber natürlich würde man zum Jahresanfang neu screenen und wahrscheinlich andere Aktien finden.

Mein Fazit des Experiments mit der Greenblatt-Formel

Die Greenblatt-Formel ist selbst in ihrer abgespeckten Variante mit nur zwei Kennzahlen eine Überlegung wert, um ein stabiles Depot aufzubauen, das wenigstens die selbe Performance aufweist wie der S&P 500. Das ist erstaunlich, denn der Aufwand, um die entsprechenden Aktien zu finden, hält sich in Grenzen.

Anhänger des passiven Investments via ETF auf den S&P 500 können jetzt natürlich einwenden, wozu sich ein Anleger die Mühe machen sollte, wenn er doch die gleiche Rendite mit noch weitaus geringerem Aufwand haben kann und dabei noch erheblich Gebühren spart, weil er statt sieben Transaktionen nur eine tätigen müsste. Diesem Argument kann man schlecht widersprechen.

Photo by Kolleen Gladden on Unsplash

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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Finanzschlabbe
    Januar 7, 2020 12:39 pm

    Hallo Tino, vielen Dank für den Beitrag. Er ist sehr anschaulich. Ich konnte auf Anhieb den dahinter stehenden Ansatz nachvollziehen. Zudem hätte er in 2019 auch einen schöne Performance gebracht. Das Vorgehen halte ich mir im Hinterkopf.
    Aktuell sammle ich cash und investiere eventuell einen kleinen Betrag in Bitcoins. Wie stehst du aktuell zu BTC?
    Viele Grüße
    Finanzschlabbe 😉

    Antworten
    • Grüß dich, mein Lieber, vielen Dank für deinen Kommentar! David von Junginrente hat dazu noch vermerkt, dass es manchmal sehr lange dauert, bis die Werte, die man nach der Greenblatt-Formel gefunden hat, anspringen. Da braucht es also wie so oft an der Börse ein bisschen Geduld. Zu Bitcoin: Aus meiner Sicht ist das eine neue Assettklasse, die man durchaus ins Portfolio aufnehmen kann. Die Vola ist brutal, aber es ist eine ganz neue Sache und keiner weiß, was da noch kommt. Aber wer nicht dabei ist, wird es nie herausfinden 😉 Ich habe in meinem Blog einen Artikel zum Halvening bei BTC geschrieben. Einfach in den Begriff in die Suchleiste eingeben und lesen! Viele Grüße, Tino

      Antworten
  • Finanzschlabbe
    Januar 7, 2020 6:41 pm

    Vielen Dank, lieber Tino. In der Eile des Alltags hatte ich ganz vergessen mal die SuFu bei dir zu benutzen. Danke Dir & viele Grüße!

    Antworten

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