Die Regeln von Guy Spier für das Management seines Hedgefonds habe ich seinem Buch „Die Lehr- und Wanderjahre eines Value-Investors“ entnommen. Ich mag die ruhige und besonnene Herangehensweise von Spier und habe bisher schon viel von ihm gelernt. Warum nicht einmal einen Blick auf seine „golden rules“ werfen?
Regeln für Anleger: Hören Sie auf, die Aktienkurse zu checken!
Die Bedeutung dieser Regel ist schnell erklärt und auch sofort einsichtig. Wir haben keinerlei Einfluss auf die Aktienkurse. Fakt! Das Auf und Ab dieser bezeichnet man auch als Noise. Genau diesen Noise sollte man als Investor mit einem mittel- bis langfristigen Anlagehorizont überhören, denn beeinflussen können wir die Kurse sowieso nicht. Warum sich dann täglich damit auseinandersetzen und seine Aufmerksamkeit darauf richten? Das lenkt ab vom eigentlichen Job, den man als Aktieninvestor erledigen sollte. Ich checke mein Langfrist-Depot einmal im Monat und verschaffe mir einen Überblick. Vor allem überprüfe ich die Eingänge der Dividendenzahlungen auf meinem Konto. Mehr mache ich nicht. Lieber investiere ich meine freie Zeit, um neue Kaufkandidaten zu finden. Das macht mehr Sinn und auch mehr Spaß.
Regeln für Anleger: Wenn Ihnen jemand etwas verkaufen will, kaufen Sie es nicht!
Wer Aktientipps oder eine Anlage-Strategie verkaufen will, der möchte Umsatz machen. Kann er gern, aber nicht auf meine Kosten. Ich als selbstständiger Anleger suche meine Informationen nach meinen persönlichen Vorgaben und verarbeite sie auch nach meinen persönlichen Einschätzungskriterien. Ich habe einen Plan und Regeln beim Investieren und denen folge ich. Wenn ich mein eigenes Regelwerk beachte, brauche ich keine Tipps von außen.
Regeln für Anleger: Sprechen Sie nicht mit dem Management!
Das ist ein eine nützliche Regel für einen Fondsmanager wie Guy Spier. Für Privatanleger ist es in der Regel unmöglich, mit dem Management eines Unternehmens zu sprechen. Für eine Beurteilung gibt es andere Kriterien.
Regeln für Anleger: Sammeln Sie Ihre Investmentrecherchen in der richtigen Reihenfolge!
Das ist ein interessanter Aspekt, der zum großen Teil dem Fach Psychologie zugeordnet werden kann. Warum? Weil es hier um eine kognitive Prägung geht, der Menschen nicht ohne weiteres ausweichen können. Um diese Regel zu verdeutlichen, zitiert Spier Charlie Munger von Berkshire Hathaway, der einmal sagte:
„Der menschliche Geist ist der menschlichen Eizelle sehr ähnlich und die menschliche Eizelle verfügt über einen Mechanismus, bei dem sie sich sofort wieder verschließt. Wenn ein Spermium hinein gelangt, verschließt sie sich, so dass die nächsten Spermiem nicht mehr eindringen können. Der menschliche Geist hat eine starke Tendenz zu dem selben Mechanismus.“
Charlie Munger
Das heißt, dass man die Informationen, die man zu einem Unternehmen und einer Aktie sammelt, in der richtigen Reihenfolge aufnehmen sollte. Denn die Tendenz unseres Gehirns geht dahin, der ersten Information, die wahrgenommen wird, mehr Bedeutung zu geben als den nachfolgenden. Informationen und fundamentale Kennzahlen sollten aber gleich beurteilt werden, um zu einem verwendbaren Gesamtergebnis und einem möglichst objektiven Überblick bei dem Unternehmen zu kommen. Für US-Aktien nutze ich übrigens seit Jahren die hervorragenden Finanzseiten von finviz und seekingalpha.
Mein Tipp ist, eine Liste zu erstellen mit den Kennzahlen und Informationen, die man zu einem Unternehmen sammeln möchte. Die einzelnen Punkte auf dieser Liste sollte man so ordnen, dass man mit der nach seinen Regeln formulierten wichtigsten Kennzahl beginnt und sich dann nach und nach zu den weiteren Kennzahlen vorarbeitet. Das macht man mit jedem Unternehmen auf seiner Watchlist und ist so in der Lage, eine Beurteilung der einzelnen Unternehmen immer nach den gleichen Kriterien in der gleichen Reihenfolge vorzunehmen. Es hat meiner Meinung nach zusätzlich den Vorteil, dass man ohne Emotionen an diesen Auswahlprozess herangeht. Welche Kriterien für meine Aktien-Auswahl wichtig sind, erfährst du in diesem Artikel.
Regeln für Anleger: Besprechen Sie Ihre Investment-Ideen nur mit Leuten, die daran kein persönliches Interesse haben!
Auch eine selbsterklärende Regel, denn wenn ich mit Personen spreche, die persönliches Interesse haben, mich von einer Aktie zu überzeugen, dann sind sie von vornherein parteiisch. Die Informationen dieser Personen bringen mir gar nichts. Das heißt nicht, dass man sein Wissen komplett für sich behält. Im Gegenteil, über Social Media, Foren oder Facebook-Gruppen kann man sich wunderbar austauschen. Das ist unterhaltsam und manchmal auch nützlich. Das persönliche Interesse des Einzelnen macht den Unterschied.
Regeln für Anleger: Kaufen oder verkaufen Sie niemals Aktien, solange der Markt offen ist!
Diese Regel von Guy Spier nimmt noch einmal viele Emotionen aus dem Handeln. Was ist gemeint? Käufe oder Verkäufe gibt man normalerweise in aller Ruhe in die entsprechenden Eingabemaske seiner Depotbank ein. Macht man das, während der Markt geöffnet ist, kann es passieren, dass man sich von dem Hin und Her der Kurse beeinflussen lässt. Hat man seinen Kaufpreis oder seinen Verkaufspreis im Vorfeld durch sorgfältige Analyse und Berechnung festgelegt, dann braucht man nicht mehr dem einzelnen Cent hinterher zu rennen. Deshalb bietet es sich an, die Orders außerhalb der Öffnungszeiten der Börse zu platzieren.
Regeln für Anleger: Wenn eine Aktie fällt, nachdem Sie sie gekauft haben, verkaufen Sie sie zwei Jahre lang nicht!
Man sollte ohnehin immer damit rechnen, dass die Aktie, die man gerade gekauft hat, sofort fällt. Geht man mit diesem Wissen an das Investment heran, wird man viel gelassener. Die meisten Anleger jedoch stellen es sich relativ lässig vor, dass ihre Aktie nach dem Kauf steigt. Dass sie fallen könnte, ist allenfalls eine theoretische Möglichkeit. Man kauft ja, um Kursgewinne zu erzielen. Ein Verlust ist da eine sehr weit entfernte Vorstellung im Kopf des Anlegers.
In der Praxis sieht es jedoch oftmals so aus, dass die Aktie, kurz nachdem ich sie gekauft habe, tatsächlich fällt. Und zwar richtig. 10 Prozent, 20 Prozent… Wie wäre es mit 50 Prozent Kursverlust? Sage keiner, dass so etwas nicht passieren kann. In so einem Moment fragt man sich: Wie gehe ich mit diesem Buchverlust um? Wir sprechen jetzt hier nicht über Verlustbegrenzung oder über Positionsgröße. Mit beiden kann man bereits die größten Risiken abfedern. Was aber mache ich als Investor beziehungsweise langfristiger Anleger?
Guy Spier empfiehlt, eine gekaufte Aktie mindestens zwei Jahre lang zu halten, wenn sie nach dem Kauf ins Minus dreht. Eine sehr gute Regel, finde ich. Natürlich sind zwei Jahre eine lange Zeit, und es könnte sein, dass man während dieser Zeitspanne das eine oder andere Mal denkt: „Jetzt reicht’s mir! Ich verkaufe die Aktie!“ Oft genug passiert es jedoch, dass sich eine Aktie wieder erholt, nachdem sie ein Jahr oder länger im Minus-Bereich notiert hat. Voraussetzung ist natürlich, dass es ein gutes Unternehmen ist. Auf einmal ist die Durststrecke vorbei und die Aktie dreht dynamisch ins Plus. In diesen Momenten wird derjenige, der die Aktie vorher entnervt verkauft hat, komplett aus den Schuhen kippen. Aus diesem Grund ist diese Regel meiner Meinung nach eine der wichtigsten in dieser Aufzählung, denn sie sorgt dafür, dass man sich als Anleger in Geduld üben und einem Unternehmen mehr als ein oder zwei Quartale Zeit lassen sollte, um überzeugende Ergebnisse zu liefern, die sich dann auch in steigenden Aktienkursen widerspiegeln sollten. Wobei auch hier gesagt werden muss – Aktienkurse haben nichts mit dem Wert des Unternehmens zu tun. Kurs und Wert sind zwei verschiedene Dinge die selten übereinstimmen.
Regeln für Anleger: Sprechen Sie nicht über Ihre aktuellen Investmentaktionen!
Auch das ist eine Regel, mit der der private Investor selten bis nie konfrontiert ist. Der Grund ist einfach – es gibt nicht sehr viele Menschen, die sich für Investments, Börse oder Aktienanlage interessieren. Insofern bleiben auch hier nur spezielle Online-Foren und Gruppen, wo man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann. Ansonsten gilt hier synonym das, was schon in Regel fünf besprochen wurde.
Regeln für Anleger: Mein persönliches Fazit zu den Regeln von Guy Spiers!
Abschließend kann ich sagen, dass mir diese Regeln bisher sehr nützliche Dienste geleistet haben. Weil es einfache Regeln sind. Weil es Regeln sind, die man mit ein bisschen logischem Menschenverstand gut nachvollziehen kann. Und last but not least – weil Guy Spier einfach ein sehr cleverer Fondsmanager ist.
Du kennst das Buch von Guy Spier „Die Lehr- und Wanderjahre eines Value-Investors“ noch nicht? Dann kannst du jetzt eine kurze Buchrezension lesen.
Buchtipp: Guy Spier „Die Lehr- und Wanderjahre eines Value-Investors“
Guy Spier beschreibt anekdotenhaft seinen Weg vom (fast) gescheiterten Wall Street-Banker zum smart investierenden Value-Investor. Das Buch ist kurzweilig zu lesen, und ganz nebenbei erfährt der Leser, was einen akribischen und vorsichtig agierenden Investor ausmacht. Dieses Buch ist keine Anleitung, wie man schnell reich wird mit Aktienspekulationen. Es zeigt vielmehr, dass Ausdauer, gute Recherche und hartnäckiges Festhalten an einmal getroffenen Entscheidungen langfristig gesehen zum Erfolg an der Börse führen. Ein Buch, welches ganz konträr zu vielen anderen Veröffentlichungen steht, denn Guy Spier verrät keine „geheime“ Formel, wie man zum Börsen-Millionär wird, sondern zeigt auf, wie man mit rationalem Denken, scharfer Analyse und zäher Ausdauer auf lange Sicht mit seinen Aktien-Investments Erfolg hat.
Wenn du diesen Buchtipp interessant findest, dann könnte auch mein Buchtipp von Investorenlegende John C. Bogle etwas für dich sein.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Wirklich ein sehr guter Beitrag, irgendwie habe ich jetzt Lust bekommen mir das Buch zu kaufen und zu lesen. Danke für die Vorstellung dieser 8 Regeln.
Gruß Stefan von
Familien Finanzen im Griff
Hi Stefan, das freut mich sehr, dass dich mein Artikel zu Guy Spier und seinem Buch ordentlich inspiriert hat. Du wirst die Lektüre nicht bereuen. Viel Spaß, Tino